Am 19. Januar 1877 wurde dieser Turmknopf abgenommen, da die bisher darauf befindliche Fahne einer Erneuerung bedurfte und den Knopf, welcher ganz schwarz geworden, vergoldet werden sollte.
Der Besitzer Braumeister Eduard Friedrich Schönfeld geboren am 21. Dezember 1835 zu Weida, Großherzogtum Weimar, fand die Denkschrift der Brauhöfer vom 16. Februar 1849 in dem Knopfe und beauftragte seinen Buchhalter, den vormaligen Ratsangedienten und Telegrafenamtsvermittler E.A. Bier folgendes an die wieder beigefügte Denkschrift zu schreiben:
Der Braumeister Schönfeld ursprünglich ganz unbemittelt, kam im Jahre 1861 auf schier langjährige Wanderschaft nach Ulbersdorf bei Sebnitz und erpachtete die dortige Gutsbrauerei, betrieb solche mit Erfolg und erwarb sich etwas Vermögen. Im Jahre 1872 sollte nun die Societätsbrauerei zu Schandau verkauft werden, weil die Brauhöfer ihre Rechnung nicht finden konnten und die, ohne den winzlichen Reingewinn zu haben, immer wieder gezahlt werden den Dividende zur Kontrahierung neuer Schulden Veranlassung geben mußte.
Schönfelder kaufte die Brauerei für 45000 Taler, verband sich mit einem gewissen Hempel aus Riesa, welcher bald starb und betrieb nun die Brauerei als tüchtiger tätiger Geschäftsmann dergestalt in der Folgezeit, dass in einem Jahre immer 190 Einfache á 12 ½ Scheffel sowie 60 Lager- und Bayrisch Biergebräue á 16 bis 17 Scheffel geschafft und auch vertrieben wurden. Das Bier war aber auch vorzüglich und besonders wurde viel Bairischbier nach Dresden, Pirna und andere Orte versendet.
Bedauerlich war es aber dass in Schandau selbst fremde Lagerbiere vorgezogen wurden. Die vormaligen Besitzer der Brauerei ärgerten sich und es griff bei solchen die Überzeugung Platz, dass sie zu billig verkauft hatten. Der Braumeister Schönfeld war ein einfacher bürgerlicher Mann, welcher einen Standesunterschied nicht machte, er erwiderte auf manchmal lautwerdende Anfeindungen einzelner früherer Brauhöfer immer: Wart Ihr alten Spießer nun könnt Ihr sehen, dass doch etwas zu machen war, wenn Ihr das Zeug dazu gehabt hättet.
Schönfelder erbaute im Jahre 1874 das Gährhaus nach dem Garten für 1600 Taler, traf viele Verbesserungen und errichtete ferner im früheren Bleichgarten, welcher prächtig Nach der Elbe zu gelegen ist im Jahre 1875/76 ein Restaurant mit großen Salon, es wurde diese E.A. Bier mit einem Aufwande von 10050 Mark eingerichtet und bewirtschaftet. Der Herstellung der Baulichkeiten kostete Schönfelder an 36000 Mark.
Am verflossenen Freitag den 19. Januar 1877 wurde das Brauereiinventar wieder durch die Ankunft eines großen eisernen Stellbottigs vermehrt und verbessert. Derselbe wurde in Bischofswerda gefertigt von d. Schm. Groß und wurde tags darauf im Brauhause nach dem die entsprechende Öffnung in der Frontmauer hergestellt war aufgestellt. Gott gebe, dass sich er Brauereibetrieb in dem Maße fortentwickelt wie bisher!
Das zur Brauerei gehörige Gasthaus zum Gambrinus ist erst von Schönfelder so genannt worden und hieß vormals Gasthaus zur Societätsbrauerei. Der Pächter desselben Ernst Bergmann gibt ein jährliches Pachtgeld von 1500 Mark. Im Jahre 1876/77 kostete der Centner Hopfen 600 Mark, denn die Ernte war im verflossenen trockenen Jahre eine schlechte, ich habe aber die Billigkeit im vorigen Jahre benutzend viel Lager angeschafft, und kaufte den Centner 120 bis 180 Mark. Die Gerste kostete 12 Mark pro 140 Pfund.
Im Februar 1876 hatte Schandau wieder eine Hochflut zu überstehen, welche die Stadt über 4 Wochen teilweise unter Wasser setzte. Schönfelder hatte durch rechtzeitige und anstrengende Arbeit über Nacht nach alles retten können und nur einen geringen Verlust an Bier etc. zu beklagen.
Braumeister Schönfelder hat 8 Kinder am Leben, welche Ziffer durch die Anwesenheit des alten Vater Schönfelders und dessen Schwiegermutter noch erhöht wird. Schönfelder ist groß und stark und bis auf einen Beinschaden gesund, wenn Gott das Leben und weiteres Glück schenkt, so wird derselbe den zahlreichen Seinigen eine ruhige Zukunft schaffen können. Wenn der Braubetrieb sich so fortentwickelt wie es zwischen heute und des Besitzantrittes Schönfelds der Fall war, so macht Schönfeld und seinen Nachbesitzer ein gutes Geschäft.
Allerdings wird dann jedenfalls auch mehr Erneuerung eintreten, zumal der durch in diesem Jahre fertiggestellten Bahn- und Brückenbau- Ritzschgrund- Sebnitz unsere Gegend zumal nach Wendischfähre zu sich mehr und mehr bevölkert und industriereicher werden dürfte. Momentan herrscht eine allgemeine Geschäftsstille, alle Leute klagen, die Unsicherheit des Ausbruchs eines Krieges zwischen Russland und der Türkei ist in diesen Tagen fast zur Gewissheit geworden und dabei arbeitet Frankreich ruhig weiter um finanzielle Lage und militärische Tüchtigkeit zu haben und zu vervollständigen.
Die glorreichen Siege Deutschlands in den Jahren 1870/1871 haben uns samt den Millarden wenig Nutzen gebracht. Dieser Turmknopf wurde vom Lackierer Adolph Schröter Badergasse vergoldet und vom Schieferdecker August Eysold am 23. Januar 1877 wieder an seine Stelle gebracht. Die neue Fahne führt jetzt den Namen des Besitzers E.F. Sch. 1877, die an deren Stelle abgenommene hatte die Form eines Dachens mit der Inschrift B.S. Sch. 1849. Wenn diese Urkunde gefunden wird bin ich vielleicht nicht mehr und bitte den Betreffenden respektive meine Nachbesitzer solche wieder diesem Knopfe einzuverleiben.
Schandau, am 22. Januar 1877
Eduard Friedrich Schönfeld
E.A. Bier